Sonntag, 25. Februar 2007

Auch Singen ist Sport.

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Haben Sie schon mal Gesangsstunden genommen? Nein?

Die können zu sportlichen Ereignissen ausarten, weil die Gesangslehrerin Ihren Körper zu Ihrem Instrument machen wird.

Stellen Sie sich vor, ihre Stimmbänder sind der Bogen und Ihr Körper die Geige, bei mir eher ne Bratsche, oder n´ Cello. Anfangs also eine Schlaffgeige, ein Schlaffcello, wie ein alter schrumpliger Luftballon. Später, Jahre später, ein straffes vibrierendes Instrument.

Also Singen – ein Sport ganz besonderer Art.

Geburtstag. Augsburg. Museenbesuch. Mit Museumsbesuch kann man Kunsthistorikern immer eine große Freude machen.

Wo andere lustlos an Bilderparaden vorbeischlurfen und langeweile-gebotoxt den nächsten Sessel suchen, wacht diese Spezies erst richtig auf.

Beguckt Details, vergleicht, datiert (auch ein schöner Sport: Datieren- davon mehr ein ander mal. Lokalisiert, schreibt zu oder ab.

Das ist NIEMALS ein Amberger. Amberger malt Felle und Tierhaare vieeeel besser.! Oh, schau! Ein Ignaz Günther. – Begucken des Beschreibungsschildchens –

Ignaz Günther. Stimmt.

Wie hast Du das nur erkannt?

Schon steigt die Laune des Kunsthistorikers - er ist eben Experte. Fachmann. Hat das Auge.

Wir besichtigen das Schätzlerpalais. In der alten Kapelle lockt der Hall zu einem Echo-Soundcheck. Am besten was mit Oktave –

Somewheeere over the rainbooooow…way up hiiiiigh…there´s a laaaand that I dreamed offff…..
Kunstpause.
….once in a lullabaaaaaaay…..

Nich´ schlecht.

Bernadette, meine Uralt-Freundin aus Studienzeiten (28 Jahre Freundschaft, stellen wir beim gemeinsamen nachzählen fest) fällt ein.

Sie hat einen Koloratursopran, will heißen, sie klettert stimmlich ohne die geringste Anstrenung zum dreigestrichenen C.

Wir klettern gemeinsam auf den Regenbogen. Sehr hübsch. Meine Laune steigt.

Guck! Ein Amberger!

Wechsel in den bestens restaurierten großen Prunksaal – Rokoko vom Feinsten – des Palais. Niemand da, nur wir beide.

Schnell , ein Lied, ein lustiges, Der Regenbogen ist ja doch ein bisschen-
Grübelgrübelgrübel..

A!
Ja!

Die Verführungsarie aus Don Giovanni passt hier herein.

La ci darem´ la mano ,
la mi dirai di si,
vedi – non é lontano,
partiam´ bel mio da qui..da qui..

(Der alte Sack….)

Andiam´andiam´ mio bene, da ristorar´ le pene—
D´un´ innocente amor – d´un innocente amor!!!

Innocente. Ha. Der Graf verführt das Schäfermädchen. Der Sack.

Wir haben den Saal durchquert, öffnen die jenseitige Tür –

Huch.

Draussen stehen ungefähr zehn Leute, alle dem Saal zugewandt und leuchten uns mit strahlendem Lächeln an. Touristen. Sie standen draussen und lauschten.

Schön! Sagen sie.

Schön – der Gesang! Was war das?

Ja, ja die Augsburger – ein dankbares Publikum.

Wir freuen uns mit unserem Publikum. Is ja auch schön – so ne Arie.

Weiter im Maximiliansmuseum.

Eine wunderbar eingerichtete Sammlung von kirchlichen Plastiken, vor allem Jesus und Maria – Figuren. Wieder in gewölbten hohen Räumlichkeiten. Wieder kann ich nicht widerstehen.

Maria durch ein Dornwald ging – Kyrie-eleyson! Was trug Maria unter ihrem Herzen – ein kleines Kindlein ohne Schmerzen – Kyrie Kyrie – da haben die Dornen Rosen getragen…

Aus dem Augenwinkel sehe ich eine ältere Dame im Pullover auf mich zukommen, ich mache mich für eine Schimpftirade der Aufseherin bereit.

Die Dame zu mir: Sehr schön, -gehört das auch mit zur Ausstellung- zur Untermalung?

--ach, sie ist eine Touristin. Ist aus ihrer Herde ausgeschert und zu mir herübergeschlichen.

Nein, sage ich, die Figuren hier haben mich verlockt, das Lied zu singen.

Ach, sagt die Dame, wie Mutti Scholz na sagen se mal!

Sind Sie Solistin? Fragt sie andächtig. Sopran!

Ich – auf´s höchste geschmeichelt – nein dazu langts na denn doch nicht – Choristin.

Ahhh!

Bevor sie geht, schenkt sie mir noch ein verbales Bonbon:

Ein himmlischer Sopran! Sagt sie.

Na also,- geht doch. Himmlisch.

Jetzt wissen wir´s . .. und alles begann vor vierzig Jahren mit dem Ärger über eine Vier in Gesang. Das wollte ich nicht akzeptieren. Gesangsausbildung- jahrelang- üben üben üben bis zur Morddrohung durch Nachbarn. Und heute muss ich mir nicht mehr anhören: höeehh uff! Is ja furchtbar.

Heute habe ich :

Einen himmlischen Sopran. Jawoll.

…wenn das kein schönes Geburtstagsgeschenk ist.
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